Zwei Ueberbietungsgeschichten
Die Alhambra geht auf eine Festung des 9. Jhts zurueck, aber erst 1238 liess Mohammed Al-Ahmar, Gruender der Nasrisendynastie, eine Palaststadt errichten. Als 1492 die katholischen Koenige Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon Granada zurueckeroberten, zerstoerten sie den Palast keineswegs, sondern liessen ihn sogar sorgsam restaurieren. An der Stelle der maurischen Stadtmoschee errichteten sie pompoes zuerst die in gotischem, spaeter im Stil der italienischen Renaissance weitergebaute Kathedrale Santa Maria de la Encarnation als Siegesdokument, und damit zugleich ihre Grabstaette. Erst der habsburgische Carlos I. liess im 16. Jht mitten in die maurische Palastanlage einen Renaissancepalast setzen, den er dennoch nie bewohnte. Zuvor schon hatte er sich ueberreden lassen, in Cordoba in der maerchenhaft schlichten Mezquita eine Kathedrale errichten zu lassen, um auf die beeindruckende Saeulenkonstruktion herabblicken zu koennen. Aber des spaeter zum Kaiser Karl V., Herrscher von Oesterreich, Burgund und Spanien Gekroenten wirkliche Ueberbietungen sind hegemonialer Art, herrschte er doch ueber reiche und selbstbewusste, aber weit auseinander liegende Laender, mit Hilfe der toedlich ausgebeuteten Kolonien in Uebersee. Vielleicht moechte man in ihm den ersten Globalisten sehen. Seine beiden kulturellen Schandtaten hat er jedenfalls bereut. Dass er aber auch mit seinem katholischen Weltreich den Protestantismus nicht ueberbieten konnte, sondern im Augsburger Religionsfrieden 1556 sogar anerkennen musste, graemte ihn so, dass er schliesslich abdankte und den Rest seines Lebens im Kloster zubrachte - bestimmt die sinnvollste Ueberbietung.
grenzwärtig - 22. Jul, 19:12