Fez

Donnerstag, 1. August 2013

Zu Gourrama

Glausners Fremdenlegionsroman ist das Gegenteil einer Abenteuergeschichte, keine Spur von Krieg und Tapferkeit, sondern eine ueberraschende Studie der Langeweile am Wuestenrand, in einer Umgebung, die den Ausnahmezustand zum Alltag hat.
Es ist am Rande auch eine Kulturbegegnung, aber weniger zwischen Europaeern und Arabern, sondern eher unter den Europaeern, oder noch mehr zwischen Maennern, die sich gehen lassen und solchen, die an sich halten und nachdenken.
Es sind Beobachtungen, welche Arten von Menschlichkeit unter diesen Bedingungen zum Vorschein kommen, in der Maennergesellschaft mit der winzigen Bewegungsfreiheit eines Militaerlagers, die zuletzt noch radikal eingeschraenkt wird.
Aber die wirklich erzaehlte Geschichte ist eine Gnadengeschichte. Kafkaesk entsteht sozusagen aus dem Nichts und aus Missgunst eine Schuld, die sich immer drohender auftuermt ueber dem Protagonisten, so lauter seine Motive auch sein moegen, und die Bereitschaft, diese Schuld auch anzunehmen, klassifiziert sie als Daseinsschuld, der nicht zu entrinnen ist und von der man nur begnadigt werden kann.

Und in dieser sozusagen religioesen Konnotation ist es auch eine Hoergeschichte. In der tristen Ereignislosigkeit des Lagers sind Blicke und Wortwahl, Luftzuege und sogar Pausen, besonders aber die unverhofft umschlagende Stimmung unter den Soldaten die eigentlichen Ereignisse; es sind die Stimmen und Zeichen, auf die der Protagonist reagiert und antwortet. Erst am Ende stellt sich heraus, ob es Gnadenzeichen sind oder ob sie in die Irre fuehren. Der Schluessel dafuer ist die ZEIT.

Mittwoch, 31. Juli 2013

Die Arabeske

Es musste so kommen.
Seit dem ersten Tag meiner Reisestand es bereits fest.
Man blaettere nach bei der Alhambra in Granada.
Auch auf den querstehenden Bildern sind die Arabesken zu erkennen.
Assyrische Rankenornamente waren im arabisch\iranischen Kulturraum beliebt, wovon die Kuenstler im maurischen Reich viele Zeugnisse hinterliessen. Arabesken gibt es auf Wandverzierungen, geschnitzt oder auf glasierten Fliesen, auf Teppichen oder im Staedtebau. Aber auch die Literatur des islamischen Kulturkreises hat arabeske Formen, Erzaehlungen mit vielen Verzweigungen, in denen man die Uebersicht verlieren mag, so wie in den Eposoden aus 1001 Nacht. Und die Literatur wird wieder manifest in den Schriftzeichen, die zu Dekors werden bis zur Unkenntlichkeit, und arabische Architekten Koranverse in eine Kirche zeichnen konnten. Aber haben nicht auch Koransuren selbst arabeske Formen?

Zielloses Umherschweifen als Kulturgut.
Gefuehrtwerden ohne genaue Zielkontrolle als spirituelles Programm.
Sich einem unsichtbaren Traeger ueberlassen, symbolisiert durch das Menschenteiben, das zwar aus vielen Einzelnen, durchaus planhaft Agierenden besteht, die aber dem Ortsfremden unbekannt sind.
Durch die Stadtanlage gefuert, auch auf Entscheidungen hingefuehrt, auf Wegentscheidungen, Richtungsentscheidungen, und dort dann sich selbst ueberlassen.
Oder gerade dort vor sich selbst hingefuehrt.


Ich kann es auch so sagen:
Wie berauscht treibe ich durch Gassen und Sukks, umfangen von Geraeuschen und Geruechen, gelockt von Anblicken, Verheissungen und Aussichten, und vergesse in der Fuelle bald das Einzelne. also mich.
Dann aber werde ich von einem Ruf erreicht, werde etwas gefragt, bekomme etwas angeboten, und kann unversehens zum Nachfolger eines ungesuchten Fuehrers werden, der mir ein Besichtigungsziel unterschoben hat. Ich kann aber auch durch staendiges Ausweichen und Zurueckweisen bald grantig werden; auch das spiegelt mir die Medina wieder, da sich die Leute an mich erinnern. Ich werde also, so oder so, in das Stadtgeschehen hineingewoben, einer der Faeden auf dem Webstuhl, den ich heute zu sehen bekam, wo ich einmal mitging.

Die Kreuzung ist die jeweils neue Situation, die zu entscheiden ist. Die Arabeske ist die Notwendigkeit der Abirrungen, als Teil der Geschichte.

Zuerst noch Cordoba

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Dann Arabesken aus Fez

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