tanger

Dienstag, 30. Juli 2013

Erneut auf Wellen

Ohne noch je am Strand gewesen zu sein, hat es mich hier wieder erfasst, und maechtiger als zuvor in andalusischen Staedten. Das Gassenlabyrinth der Hafenstadt Tanger ist noch viel strenger und verzeiht kleinste Gedaechtnisfehler nicht, denn es gibt keine Orientierungen mehr ausserhalb, und die Biegungen und Auffaecherungen sind unberechenbar und zugleich in alle Richtungen moeglich. Wenn nach diesem Geschaeft jenes Plakat kommt, dann die steile Stiege und schliesslich das Telefongeraet, muss das noch lange nicht der richtige Weg sein, denn dasselbe gibt es dutzendfach. Du kannst von einem markanten Punkt aus gehen und fuenf oder sechsmal rechts abbiegen, ohne wieder zurueckzugelangen oder gar eine Bruecke oder einen Tunnel zu queren. Du kannst nach den Unmengen Pfefferminztee den Blasendruck kaum halten, das Quertier aber auch nicht finden in rechter Zeit, und taumelst einem Teppichhaendler in die Arme, der die Theorie vom Fliessen ansatzlos versteht und dich eine Stunde spaeter mit einem neuen Teppich entlaesst. Eigentlich hat er mich angesprochen und mich mit Blick auf meine Wasserflasche um einen Schluck Wasser gebeten; dass ich dazu bereit war, hat er spaeter als grosszuegig bezeichnet.
Was mit Ereignisdruck und Unterdruck mich durch den Tag schob und zog, waren das Vater!Sohn!Paar aus dem Salzburgischen, mit denen ich mich gern weiter unterhalten haette, weil sofort ein wortloses Einverstaendnis dawar, aber der Irrgarten verhinderte die neuerliche Begegnung, und im Cafe Central meinte ich bereits die ganze Stadt vorueberziehen gesehen zu haben, sowie alle Touristen zweimal; bis eben auf die beiden. Stattdessen hatte ich lange Gespraeche mit dem Teppichhaendler, und dann noch eine voellig unerwartete Begegnung mit Albert und Lisa aus Bologna, die wir einander gar nicht genug erzaehlen konnten in der kurzen Zeit, die der alle Sprachen der Erde sprechende Stadtfuerer uns liess. Und ich war unter Sisters of Charity aus Indien und Afrika, und besonders unter ihrer Kinderschar, die mir augenblicklich zustroemte, als ich kaum zur Tuer hereinkam; und an der Schwelle blieb ich hocken eine ganze Stunde und drueckte fortwaehrend Kindern Spielsachen in die Hand oder hatte sie auf den Knien sitzen oder versteckte die Kamera vor ihnen, denn sie wollten es durchaus selber klicken lassen.

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Montag, 29. Juli 2013

Nachmittag in Tanger

Vom Cafe Central aus gesehen:
Webstuehle aus einem Kettengestell. zu dem sich die Faeden quer ueber die Gasse spannen/
Die katholische Mission der Sisters of Charity, die hier arbeitender Muetter kleine Kinder betreuen und verzweifelt Fluechtige beraten/
Teure und bullige schwarze Autos. denen Herren in schmalen Seidenkaftanen entsteigen und zur nahen Moschee schreiten. Beim Zurueckkommen haben sie Handys an beiden Ohren und lassen mit der Fernbedienung die Zentralverriegelung mehrmals ueber die Gasse pfeifen/
Eine Haendlerschar bietet dem franzoesischen Damentriumphirat nacheinander Huete. Silberschmuck und Tuecher an, schliesslich hat einer auch noch Sitzpoelster aus Leder/
Ein Streit zwischen einem an der Hausmauer sitzenden Bettler und einem Schuhputzer, der arglos mit seinem Schemelchen neben ihm Platz nehmen wollte, aber mit Geschrei und heftigen Bewegungen vertriezben wird/

Ein etwa vierzehnjaehriges Maedchen, das mit einigen anderen im Schatten eines Hausflures kauert und sich schmunzelnd und mit ungeheuer interessierter Mine einer Erzaehlerin zuzwendet, um ihre Geschichte fertig zu hoeren; bei mehreren erfolglosen Streifzuegen nach meinem Quartier sehe ich sie immer wieder, die Geschichte ist also noch nicht fertig/
Ein Handkarren mit aufgeschlichtetem Baugeruest fuer mindestens ein Hochhaus, der von mehreren Maennern ueber abschuessige und verwinkelte Gassen bugsiert wird/
Ein Beinloser, der in einem Rollstuhl am Stadttor kauert, zu dem eine Marokkanerin sich lange hinkauert, waehrend das Geschiebe rundum fuer Momente aussetzt und die Luft anhaelt/
Die eigentlich Ausgestellten auf dieser Stadtbuehne vor den von Altagsgeschaeften eingenommenen Marokkanern sind eigentlich wir Europaeer in unserer Skurrilitaet/

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